Honda VFR 1200 DCT

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PLVI4
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Registriert: Fr 25. Mär 2011, 13:54
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Honda VFR 1200 DCT

Beitrag von PLVI4 »

Am Wochenende hatte ich die Gelegenheit mit einer Honda VFR 1200 DCT durchs Erzgebirge fahren zu dürfen. Genau genommen jagte ich meiner MZ 1000 S nach, auf der ein ehemaliger Rennfahrer und MZ Ingenieur sichtlich Freude am Fahren auf seinen Hausstrecken hatte.
VFR 1200- ein, für mich, sehr schönes Motorrad.
VFR 1200- ein, für mich, sehr schönes Motorrad.
VFR heißt konkret: 1273 cm³, 172 PS, 129 NM, Doppelkupplungsgetriebe mit 6 Gängen und vollgetankt runde 290 kg schwer. Ein echtes Trumm von Motorrad, dass mir in diesem aufreizenden rot schillernden Lackkleid ausnehmend gut gefällt.
Perfekt verarbeitete, gut schützende Verkleidung.
Perfekt verarbeitete, gut schützende Verkleidung.
Das ganze Motorrad macht einen sehr wertigen, durchdachten Eindruck. Passung der Plastikteile,Lackierung und sonstige Oberflächen sind Top. Schon beim Aufsitzen zeigen sich deutliche Unterschiede zur MZ. Die Lenkerhälften sind schmaler gehalten und strecken sich dem Fahrer weiter oben entgegen. Die Fußrasten liegen tiefer, erzeugen aber in Verbindung mit der niedrigeren Sitzbank einen spitzeren Kniewinkel. Es lässt sich trotzdem gut aushalten. Bei sportlicher Fahrweise fehlt halt diese, der 1000er MZ so eigene, perfekte Rückmeldung vom Vorderrad. Die Verkleidung verdient ihren Namen, denn sie arbeitet ebenso wirkungsvoll wie jene der MZ ohne zu breit aufzutragen. Zudem rappelt und klappert in keinem Drehzahlbereich irgend etwas.

Beim Motor kann ich es kurz machen: ein echtes Sahnestück mit zwei Charakteren. Bis 5000 U/min leicht säuselnd und ausreichend kräftig. Wenn sich ab dieser Drehzahl die Klappe im Endschalldämpfer öffnet wendet sich jedoch das Blatt und der Vergleich mit einer Turbine hinkt in keinem Fall. Bedingt durch die Big- Bang Zündfolge zieht einem der V4 die Arme lang und stürmt von einem sonorem Klangteppich untermalt die Drehzahlleiter empor. Allerdings folge ich auf der gesamten Strecke meiner MZ- die muss zwangsläufig genauso fix gehen. Für jenen Drehmoment Kick, den unsere MZ am Kurvenausgang besitzt, muss die Drehzahl immer über 5000 U/min liegen. Übertragen wird die Kraft mittels eines DCT (Dual- Clutch- Transmission) Getriebes. Bei VW heißt das Doppelkupplungsgetriebe. Sprich: die Gänge 1, 3, 5 sowie 2, 4, 6 besitzen je eine automatisch gesteuerte Kupplung.
Am ausladenden Seitendeckel erkennt man die DCT Variante.
Am ausladenden Seitendeckel erkennt man die DCT Variante.
Die Elektronik legt anhand der vorhandenen Fahrparameter bereits den nächsten Gang ein und der Schaltvorgang selbst ist binnen Sekundenbruchteilen erledigt. Außer einen minimalen Ruck oder im Stadtverkehr ein leichtes Klackern bekommt man als Fahrer davon nichts mit. Für mich ein kleines technisches Wunderwerk. Kupplungs- und Schalthebel sucht man also vergebens. Dafür gibt’s eine Feststellbremse. Bei der Honda lässt sich das Ganze in drei verschiedenen Fahrmodi abrufen: D= Touring, S= Sport. Wobei hier die Elektronik die komplette Arbeit übernimmt. Zusätzlich steht noch ein manueller Modus zu Verfügung, wo der Fahrer am linken Lenkerende mit einer „Plus“ und „Minus“ Wippe selbst blitzschnell die Gänge wechseln kann. Im D Modus schaltet die Honda betont früh hoch. Bei 60 km/h liegt dann oftmals schon der sechste Gang an. Selbst aus diesen niedrigen Drehzahlen kann man aber mit ein bisschen Gefühl ruckfrei beschleunigen. Zu sportlicher Fahrweise taugt der Modus allerdings nicht. Zu oft zwingt man das Getriebe dann zum Runterschalten. Im Sportmodus lässt die Elektronik die Gänge länger „stehen“ und das Drehzahlniveau steigt deutlich. Was wiederum mit einem starken Motorbremsmoment einhergeht, weil auch beim Gaswegnehmen, zum Beispiel auf einer Geraden, nicht hoch geschaltet wird. In diesem Modus neigt die VFR laut Besitzer zum Trinken. Verbräuche unter sechs Liter sind kaum machbar. Eher an die sieben. Ich habe mich dann nach ein paar Kilometern Versuchsfahrt für das manuelle Schalten entschieden.
Der Endtopf gefällt nicht jedem- aber die Einarmschwinge ist klasse.
Der Endtopf gefällt nicht jedem- aber die Einarmschwinge ist klasse.
Die Bedienung ist auch für Grobmotoriker während der Fahrt genau so problemlos möglich wie das Wechseln der Modi. Allen Sehnenscheiden - Geplagten sei gesagt: das ist ein geiles Fahren! So was von leicht und entspannt – auch weil der Kardan nahezu lastwechsel- , spiel- und reaktionsfrei agiert. Da können sich die weiß- blauen mal eine Scheibe abschneiden.

Gebremst wird mit dem Honda typischen Combi- ABS. Funktioniert perfekt. Zwei Finger reichen für fulminate Verzögerungswerte.

Nicht ganz so souverän wie der Antrieb präsentiert sich das Fahrwerk. Zu erst muss man den Technikern ein Kompliment machen. Die enorme Masse spürt man beim Fahren kaum. Sie wirkt aber trotz des niedrigen Schwerpunktes ein wenig kopflastig und unhandlich. In Kurven will sie mit deutlichem Zug am Lenker in Schräglage gehalten werden. Sie sucht sich gern am Kurvenausgang eine weitere Linie. Allerdings war auch keine Zeit zur Justierung des Fahrwerkes. Auch die aufgezogenen Angel ST sind sicherlich nicht die beste Wahl. Die Abstimmung der Federelemente liegt eher auf der komfortablen Seite. Bei sportlicher Fahrweise kommt man wegen der tiefen Fußrasten und des breiten Hinterreifens schnell an die Grenze. Dann zwingen die Rasten, weil man zum Schutz der Stiefel die Füße weit zurück nimmt, in eine unbequeme Haltung. Alles nicht schlecht aber: da habe ich wiedermal gespürt was die MZ 1000 doch für ein hervorragendes Fahrgestell hat.
IMGP1963.JPG
Auch nach dem Umstieg auf meine MZ kam ich mir nicht wie in einer vergangenen Welt vor. Klar, der Motor ist laut und ruppig - aber das liegt im Konzept begründet. Ich kann jedem nur empfehlen die Honda einmal zu fahren - aber nur mit dem DCT. Das sollte man erlebt haben.

Gruß René
Zuletzt geändert von PLVI4 am Mo 18. Jan 2016, 16:02, insgesamt 1-mal geändert.
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edna
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Re: Honda VFR 1200 DCT

Beitrag von edna »

Hallo René,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht.
Entweder habe ich die Zeit verpennt oder nur noch meine Emme im Kopf, aber das es jetzt schon Moppeds mit Automatik gibt habe ich nicht gewusst. Bis auf die kleinen mit nur einem Gang glaube ich.
Also so rein von der Optik ist die Honda nichts für mich.
Und gerade wegen dem geschüttelt und nicht gerührt Feeling habe ich mich für die Emme entschieden. Alles andere ist für mich zu brav.
Also vielen Dank und bis neulich.

Gruß Mario
Immer genügend Asphalt unter dem Reifen.
MZ, sonst nix.
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Thomas22
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Registriert: Do 21. Apr 2011, 19:16

Re: Honda VFR 1200 DCT

Beitrag von Thomas22 »

Schöner Text!
Die Doppelkupplungsgeschichte finde ich interessant, sicher ungewohnt zu fahren!
Was Honda ansonsten aus der VFR gemacht hat - dazu kann ich nur verwundert den Kopf schütteln.

Thomas, der Hondafan ist weil die Dinger laufen und nicht alle Nase lang mit gelben Warnleuchten in der Ecke stehen
Frei zu sein, bedarf es wenig, nur wer frei ist, ist ein König

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